Experteninterview mit DeSelfie-Herausgeberin Dr. Astrid Dobmeier

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Die Medizinredaktion der Bauer Media Group wollte von DeSelfie wissen: Wie können wir zu innerer Stärke gelangen? Gibt es eine Möglichkeit, aktiv daran zu arbeiten – und was hat Selbstreflexion damit zu tun? Die gute Nachricht: Ja, natürlich – wir können daran arbeiten! Die schlechte: Es macht Arbeit und beginnt erst einmal damit, dass wir uns darin schulen sollten, unser Denken, Fühlen und Handeln wahrzunehmen. Gründlichkeit zahlt sich aus. Ein Kurz-Interview mit DeSelfie-Herausgeberin Dr. Astrid Dobmeier zum Thema Innere Stärke:

Was bedeutet innere Stärke?

Dr. Astrid Dobmeier: Innere Stärke ist eine Kraft, die sich aus unserem Selbstbewusstsein speist. Man könnte auch anders sagen: Je mehr ich meiner Stärken und Schwächen selbst bewusst bin, desto wahrscheinlicher ist es, dass mich nicht viel aus der Fassung bringen kann. Wir werden nicht so geboren, sondern unsere Erfahrungen sind maßgeblich mit an diesem Weg beteiligt. Wer innere Stärke besitzt, der bleibt gelassen. Selbst unter Stress und wenn jemand an unserem Ego kratzt.

Wie sehr haben negative Gedanken einen Einfluss auf meine innere Haltung?

Dr. Astrid Dobmeier über Innere Stärke und Selbstreflexion. Foto: Kathrin Stetter

Dr. Astrid Dobmeier: Je negativer ich über meine Handlungsmöglichkeiten denke, desto wahrscheinlicher ist es, dass ich handlungsunfähig werde. Konkret: Wenn ich mir jeden Tag am Morgen vor dem Spiegel sage: “Mein Chef wird mich garantiert heute wieder zur Schnecke machen…”, dann könnte das eine sich selbst erfüllende Prophezeihung sein – und wirklich eintreten. Die innere Haltung befördert, wie wir nach außen wirken.

Wie kann ich mich von negativen Gedanken befreien?

Dr. Astrid Dobmeier: Erst einmal muss es mir bewusst sein, dass ich negativ über mich selbst denke. Das ist der erste und wichtigste Schritt – aber leider auch der schwierigste. Meistens handeln wir ja so wie wir es gut kennen und können und wie ein Autopilot – also nach alten Mustern und Glaubenssätzen. Wenn ich beispielsweise früher oft den Satz gehört habe: “Du hast es wirklich nicht leicht”, dann habe ich das in der Regel zu meinem eigenen Satz gemacht. Sich davon zu befreien, gelingt durch Bewusstmachung. Erst das Bewusstmachen, dann das Verändern. Und viel Reflexion.

Wie schaffe ich einen gesunden Abstand zu äußeren Einflüssen?

Dr. Astrid Dobmeier: Indem ich mir bewusst ein Stopp-Zeichen für mich selbst denke. Auch hier wieder: Es kann nur mit einer guten Selbstwahrnehmung beginnen. Wenn ich mich selbst gut wahrnehme, kann ich mich auch locker selbst hinterfragen, ohne dabei zu verzweifeln. Es gibt Mentaltechniken, die dabei helfen. Menschen, die Yoga und Meditation betreiben, haben hier eine sehr gute Grundlage. Es ist wichtig, sich bewusst zu machen: Das ist Dein Tanzbereich, das ist mein Tanzbereich. Eine imaginierte Grenze zwischen mir und den anderen oder Störfaktoren kann zum Beispiel schon helfen.

Wie kann ich mich innerlich stärken z.B. durch eine bestimmte körperliche Haltung?

Dr. Astrid Dobmeier: Großartig ist beispielsweise Amy Cuddys “Power Posing”. Es ist wissenschaftlich erforscht, dass eine äußere, körperliche Power-Haltung das Erscheinungsbild nach außen und rückwirkend die innere Stärke beeinflussen können. Wer wie Superwoman post, fühlt sich auch (wahrscheinlicher) so. Natürlich braucht es auch hier: Übung, Übung, Übung. Einen Marathon laufe ich auch nicht von heute auf morgen. Und ein Fußballspiel gewinne ich nur souverän, wenn ich die Erfahrung dieser Herausforderung schon oft gemacht habe

Wie kann ich meine innere Stärke trainieren?

Dr. Astrid Dobmeier: Am besten täglich. Mit neuen Sätzen, die ich zu mir sage. Mit neuen Bildern, die meiner Vision für die Zukunft entsprechen. Mit einem Gefühl, das ich mit innerer Stärke verbinde. Im Prinzip fängt innere Stärke mit dem Aufstehen am Morgen an. Ich kann das Was-wäre-Wenn-Prinzip nutzen: Angenommen, ich hätte die innere Stärke, die ich mir wünsche, wie wäre ich dann? Und das stelle ich mir vor und ich versuche zum Beispiel einmal in der Woche genau so zu tun als ob. Den ganzen Tag! Das ist die beste Übung überhaupt! Spannende Möglichkeit: Ich sage das natürlich niemandem und beobachte, wie die anderen mich wahrnehmen. Meistens kommt da ungefragt eine Rückmeldung. Und das verändert auch wieder etwas und bringt Veränderung in Gang.

Welche Techniken gibt es, um mich innerlich zu stärken?

Dr. Astrid Dobmeier: Sich eigene Lebensstationen vor Augen führen, die ich schon gut gemeistert habe, Post-Its mit Motivationssätzen an den Kühlschrank kleben, Achtsamkeitstraining – es gibt nicht DIE EINE Technik, jeder kann etwas für sich entdecken. Der nächste Schritt ist dann das Ausprobieren und schließlich die Übung. Techniken wirken nur durch Tun und durch das Einüben von Haltung. Da kann ich  noch so viele Selbsthilfebücher lesen. Ohne das Tun ändert sich nichts.

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