Wie schlechte Laune und Handykonsum zusammenhängen
Sprüche wie diese gehören in unseren Sprachalltag: „Ich hab’ viel um die Ohren.“ – „Das ist mir auf den Magen geschlagen.“ Oder: „Das geht mir an die Nieren.“ Vielleicht kommt in Zukunft ein weiteres geflügeltes Wort dazu. Die Wissenschaft weiß, wie schlechte Laune und Handkonsum zusammenhängen. Handykonsum macht schlechte Laune? DeSelfie: Selbstreflexion hilft.
Ein geflügeltes Wort dieser Art könnte sein: So etwas wie „Das macht mir den Nacken“. Oder: „Der Chef macht schon wieder Nacken“. Gemeint sein könnte, dass das ständige Auf-das-Smartphone-Schauen im ersten Schritt schlechte Laune und im zweiten Schritt psychisch angegriffen, schließlich erschöpft oder körperlich krank macht. Warum das? Über Handykonsum und Selbstreflexion.
Wir wissen längst, dass der Körper eng mit unserer Psyche gekoppelt ist.
Gefühle und Körper werden über Jahre zu einem wichtigen Team. Das beginnt bereits in der Kindheit. Stimmungen und Gedanken verbinden wir mit Körperhaltungen und Bewegungen. Wenn wir schlecht gelaunt sind, gehen wir weniger aufrecht als gut gelaunt. Umgekehrt bedeutet das: Wenn wir ständig gebeugt (weil zum Beispiel auf das Smartphone schauend) durch die Welt gehen, also so, wie wir gehen, wenn wir schlecht gelaunt sind, verstärken wir – ohne es vielleicht zu wollen – unsere Anfälligkeit für schlechte Laune. Das wiederum ist eine gute Voraussetzung dafür, dass wir gestresster als ohnehin und schließlich krank werden.
Handykonsum-Kreislauf: Gesenkter Kopf, gebeugte Haltung, schlechte Laune, verspannter Körper
Ganz konkret: Im Alltag von CEOs, Führungskräften und Mitarbeitern könnte das Smartphone-Schauen der Beginn einer zirkulären Kettenreaktion sein: gesenkter Kopf, gebeugte Haltung, schlechte Laune, verspannter Körper, schlechte Atmung, mehr Stress, mehr Schwierigkeiten im Umgang miteinander, mehr Unzufriedenheit, mehr Fehlentscheidungen, weniger kompetente Kommunikation mit Mitarbeitern und Kollegen, mehr Konflikte, mehr Ausfallzeiten – und schließlich höhere Fluktuation. So kann ein Teufelskreislauf in Gang gesetzt werden. Natürlich ist dieser Gedankengang hier auf die Spitze getrieben, und dennoch können wir heute bereits erste Ausläufer beobachten. Nicht selten tauchen „Handy-Themen“ in Coachings auf.
Können wir uns noch in die Augen sehen?
Angefangen von Beschwerden über das Kommunikationsverhalten („alle daddeln ständig“) bei Meetings bis hin zu Suchtverhalten, vor allem bei unseren Coachees der jüngeren Generation. Für sie ist es ganz normal, 24/7 Youtube-Videos anzuschauen. Bei Fragen, Problemen, Neugier. Soweit kein Problem, allerdings können viele User ihr Schauverhalten nicht mehr gut steuern. Aus einem kleinen Zehn-Minuten-Video werden schnell zehn, aus zehn Videos wird ein ganzer Nachmittag. Oder eine ganze Nacht. Die ursprünglichen Pläne müssen über Bord geworfen werden. Eines von vielen Beispielen, warum es heute wichtig ist, über die Folgen von morgen nachzudenken.
Der erste Schritt: mehr Selbstbeobachtung
Als Lösung bietet sich an, sich im ersten Schritt erst einmal bewusster über den eigenen Umgang mit dem Smartphone zu werden.
Selbstreflexionsfragen zum eigenen Handykonsum
- Wie oft sehe ich unnötig auf meine Apps, weil ich es einfach schon so gewöhnt bin?
- Tue ich das im Stehen und Gehen?
- Was könnte ich in der Zeit, in der ich nicht auf das Smartphone schaue, aktiv für meinen Ausgleich tun?
- Was verändert sich, wenn ich vom Smartphone aufschaue und den Blick wieder weite?
- Wer würde es als erstes merken, dass ich weniger aufs Smartphone schaue – und woran?
Wie sitze ich, wie stehe ich, wie schaue ich?
All diese Fragen beschäftigen zukunftsorientierte Führungskräfte in Einzel-Coachings und Workshops für sich und Mitarbeiter, wenn es um Leistungsfähigkeit, Motivation und Arbeitszufriedenheit geht. Im ersten Schritt steht dabei immer die Selbstwahrnehmung im Mittelpunkt, was für viele nicht ganz leicht ist, weil es bedeutet, ehrlich mit sich selbst zu sein. Wenn ich gut gelaunt bin, ist mein Rücken gerade, der Kopf richtet sich sich auf, die Welt wird um mich herum wahrgenommen, ich kann gut atmen und ich bin zuversichtlich und kann gelassener auf Schwierigkeiten reagieren. Ziel kann es sein, über den Körper aktiv den Gemütszustand zu beeinflussen. Denn es gibt Körperübungen, die in Sekundenschnelle bereits das Befinden, das Denken und Handeln verbessern – neurophysiologisch-wissenschaftlich durch Studien bestätigt.
Eine gute Gegen-Übung: Kopf hoch!
Eine beliebte Übung: den Kopf bewusst heben. „Kopf hoch!“ könnte der erste Schritt zu einem stressfreieren Psyche-Körper-Verhältnis sein. Doch, einmal ehrlich, wer schafft es schon, diese Übungen von ganz alleine in sein Leben zu integrieren? Gerade heute, wo wieder ein wichtiges Projekt zum Abschluss gebracht werden muss, 100 E-Mails auf Bearbeitung warten, die Kinder einen Spieleabend einfordern, der letzte Paar-Abend schon lange zurück liegt, die Mutter krank geworden ist, man schon lange mal wieder Sport machen wollte und das Smartphone ausgerechnet jetzt 34 ungelesene Whats-App-Nachrichten meldet… Selbstreflexion hilft!
Mehr Infos zum Nachlesen:
Ein aktueller Sammelband über das „Mehr als Reden“-Prinzip in der Beratung:
Bohne, Ohler, Trenker (Hrsg. 2016): Reden reicht nicht!? Carl Auer Verlag.
Mehr Informationen über den Zusammenhang von Psyche und Körper z.B. in:
Hüther, Gerald; Storch, Maja et. al, (2010): Embodiment. Die Wechselwirkung von Körper und Psyche verstehen und nutzen. Hogrefe.
Ein sehr praktisches, schönes Übungsbuch – zum Sofortanwenden, kurz und knapp:
Croos-Müller, Dr., Claudia (2011): Kopf hoch. Das kleine Überlebensbuch. Soforthilfe bei Stress, Ärger und anderen Durchhängern. Kösel.
DeSelfie heißt: Sich selbst auf der Spur sein.