Die Balancefindung zählt

Zukunft by Lisa Fotios (pexels.com)

Foto: Lisa Fotios (pexels.com)

Das Thema Digitalisierung ist im öffentlichen Bewusstsein angekommen. Der moderne Mensch greift durchschnittlich über 2.000 Mal am Tag zum Smartphone. Es ist nur logisch, dass bei einigen von uns die Sehnsucht nach dem Analogen groß ist. Der Wunsch nach Abschalten, nach Entspannung und “Echtheit”. DeSelfie beschäftigt sich mit soziopsychologischen Beobachtungen rund um das Thema Selbstreflexion im digitalen Zeitalter – und in der Zukunft. Trendbeobachtungen von Matthias Horx haben uns dazu inspiriert, über die “postdigitale Ära” nachzudenken.

Zukunft: Analoge Rückwärtssehnsucht

In seinem Essay zum Thema postdigitales Zeitalter, den Sie hier im Original lesen können, finden wir zwei Hinweise darauf, dass wir mit unserer These, Selbstreflexion sei die Kernkompetenz der Gegenwart und Zukunft, auf der richtigen Spur sind: In “Die Rache des Analogen” beschäftigt sich der Zukunftsforscher Matthias Horx mit rückwärtsgerichteten Sehnsüchten aus der analogen Welt.

Horx zielt auf unterschiedlichste Comebacks aus der analogen Welt ab, die die Menschen heute und in Zukunft faszinieren könnten: Vinylplatten, altmodische Notizbücher oder Füllfederhalter sieht er als Entschleunigung und Gegenbewegung zu sich schnell entwickelnden digitalen Medientechniken.

Auf der Suche nach dem Konkreten

Die vielen Selfies und Fotos, die wir mit unseren Smartphones knipsen, stehen beispielsweise in Gegensätzlichkeit zum Polaroid. Es lässt beliebige Vervielfältigbarkeit und Veränderbarkeit nicht zu und erscheint so, wie es im Moment aufgenommen wurde. Ohne Verschönerung. Auch wir bei DeSelfie haben uns mit dem Retro-Phänomen der Polaroid-Kameras beschäftigt. 

Der Digitale Realismus

Der zweite Punkt, der aus DeSelfie-Sicht an dem Essay interessant ist, wenn wir über Zukunft nachdenken, “Die nächste Welle”. Hier beschäftigt sich Horx mit der Idee des “Digitalen Realismus”. Nach der beinahe exzessiven Nutzung der digitalen Medien könnte es nun aus seiner Sicht um die Entwicklung eines komplexeren gesellschaftlichen Regelwerks gehen: Wir werden unterscheiden lernen (müssen), in welchen Bereichen die Digitalisierung sinnvoll und nützlich ist, und wann nicht. Wann das menschliche Tun ersetzbar ist und inwiefern nicht. Wenn wir uns schwach fühlen, so postuliert Horx, dann braucht es in jedem Fall menschliche Nähe. Hier helfe das Digitale nur bedingt.

Erlernen neuer Kultur- und Soziotechniken

Es werde in Zukunft darum gehen, neue Kultur- und Soziotechniken zu erlernen. Ihm geht es um Medienkompetenz, Selbstwirksamkeit und digitale Achtsamkeit. Horx schreibt dazu: “Verbunden, aber nicht gefangen, vernetzt, aber nicht permanent verstrickt zu sein, “fake news” als Aggression zu verstehen und mit eigenen Realitäts-Konstruktionen zu begegnen. Das fängt bei der Fähigkeit, sein Smartphone auszuschalten, erst an. Das Netz zwingt uns auf eine höhere Ebene geistig-mentaler Integration; es ist der Reiz, der uns zu höherem Bewusstsein zwingt.”

Was bringt die Postdigitalität?

In seinem Essay heißt es weiter: “Postdigitalität handelt vom humanen Nettogewinn, der entsteht, wenn wir das Informelle wieder klug mit dem Kognitiven, das Kommunikative mit dem Reflektiven, das Systemische mit dem Sinnlichen verbinden. Hier hat Yuval Noah Harari recht, als er in einem BBC-Interview sagte: Die beste Weg, zu vermeiden, dass Algorithmen uns entmündigen (weil sie uns besser kennen als wir uns selbst) ist, uns selbst besser zu verstehen als jeder Algorithmus.” 

Hier geht es zum Essay von Matthias Horx.

Einige Quellen für Studien zum Thema Smartphone-Nutzung finden Sie in diesem Podcast 01/05 “Gutes Digitales Leben” von Miriam Meckel und Léa Steinacker.

Ein sehr ausführliches Interview mit Matthias Horx hier im Deutschlandfunk zum Hören oder Lesen.

Interessant?

Sie fanden den Artikel um die Horxschen Thesen interessant? Dann könnten Sie auch jene von Jack Ma interessieren, hier in diesem “Herausgepickt” kurz beschrieben.

In diesem Interview mit dem Londoner Psychiater Prof. Eia Asen wird deutlich, dass das Konzept des Mentalisierens an Bedeutung gewinnen könnte.

DeSelfie heißt: Sich selbst auf der Spur sein.